Die neue “Vergnügungssteuer” auf Tauchgänge in Ägypten

Was ist die neu “Vergnügungssteuer”?

Die neue Vergnügungssteuer (meist offiziell als “Unterhaltungs- und Vergnügungssteuer” bezeichnet) in Ägypten ist eine Abgabe, die auf bestimmte Freizeitaktivitäten erhoben wird, wie z.B. Kino, Theater, Konzerte, Sportveranstaltungen oder Vergnügungsparks. Und dazu gehören auch sämtliche touristischen Aktivitäten, leider auch das Tauchen. Die Steuer beträgt 5 – 15% des Preises der Aktivität und ist am 15. Juli 2023 überraschend in Kraft getreten. Auf den Tauchsport werden z.B. 10% erhoben. Die Regierung erhofft sich dadurch zusätzliche Einnahmen von etwa 500 Millionen ägyptischen Pfund pro Jahr, die für die Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen, die Förderung der Kultur und die Unterstützung der Tourismusbranche verwendet werden sollen.

Ist diese Steuer eine reine Erfindung des ägyptischen Staates?

Das ist eine interessante Frage, die wir uns im Zusammenhang mit der neuen Vergnügungssteuer in Ägypten stellen können. Aber gibt es vielleicht ähnliche Steuern in anderen Ländern? Es gibt sie – und wir müssen dazu gar nicht weit in die Ferne schauen.

Solche Steuern gibt es auch in anderen Ländern, vor allem in Europa, aber sie unterscheiden sich in ihrer Ausgestaltung und ihrem Umfang. Die Vergnügungssteuer ist eine sogenannte örtliche Aufwandsteuer, die von den Gemeinden oder Ländern erhoben wird und deren Steuergegenstand der finanzielle Aufwand für bestimmte Freizeitaktivitäten ist. In Deutschland beispielsweise gibt es verschiedene Formen der Vergnügungssteuer, wie die Kartensteuer, die Spielautomatensteuer oder die Prostitutionssteuer. Die Gesetzgebungskompetenz liegt bei den Ländern, die die Gemeinden ermächtigen, eigene Vergnügungssteuersatzungen zu erlassen. Die Steuerhöhe und der Steuermaßstab variieren je nach Gemeinde und Art der Vergnügung. Die Steuereinnahmen fließen den Gemeinden zu und betrugen im Jahr 2016 rund 985 Millionen Euro. In anderen europäischen Ländern gibt es ebenfalls Vergnügungssteuern, die meist auf Eintrittsgelder für kulturelle oder sportliche Veranstaltungen erhoben werden. So gibt es beispielsweise in Frankreich eine Kultursteuer (taxe sur les spectacles), die zwischen 3,5% und 6,5% des Eintrittspreises beträgt und deren Einnahmen an die Künstlersozialkasse abgeführt werden. In Italien gibt es eine Unterhaltungssteuer (imposta sullo spettacolo), die zwischen 10% und 20% des Eintrittspreises ausmacht und deren Einnahmen an den Staat und die Regionen gehen. In Spanien gibt es eine Kulturabgabe (canon cultural), die zwischen 4% und 10% des Eintrittspreises beträgt und deren Einnahmen an die Autonomen Gemeinschaften fließen.

Diese Steuer ist also gar nicht so unüblich. Dennoch: Die Steuer ist nicht unumstritten, da sie von vielen als ungerecht und schädlich für die Unterhaltungsindustrie angesehen wird.

Was sagen die Kritiker der Steuer?

Einige Kritiker argumentieren, dass die Steuer die ohnehin schon hohen Lebenshaltungskosten für die ägyptische Bevölkerung weiter erhöht und sie davon abhält, sich eine angemessene Erholung zu gönnen. Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass der Tourismus ein sehr großer Sektor ist, der von der neuen Steuer betroffen ist. Es ist also zu Erwarten, dass ein Großteil der Steuereinnahmen aus dem Ausland in die Kassen des ägyptischen Staates fließen wird, wenngleich Ägypter davon natürlich trotzdem auch im normalen Alltag betroffen sind.

Andere befürchten, dass die Steuer die Nachfrage nach kulturellen und sportlichen Veranstaltungen verringern und somit die Einkünfte der Künstler, Sportler und Veranstalter beeinträchtigen wird.

Außerdem bezweifeln sie, dass die Steuereinnahmen tatsächlich für die angekündigten Zwecke verwendet werden und nicht in Korruption oder Verschwendung versickern.

Welche Auswirkungen könnte die Steuer haben?

Vergnügungssteuern können als Instrumente zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben, zur Förderung der Kultur oder zur Lenkung des Konsumverhaltens dienen. In manchen Bereichen sind solche Steuern wohl durchaus sinnvoll und tragbar.

Sie können aber auch negative Auswirkungen auf die Nachfrage, das Angebot oder die Qualität der angebotenen Aktivitäten haben. Sehen wir uns doch einmal an, was die zusätzlich Steuer für den Tauchsport bedeuten könnte.

Die Steuer betrifft alle Schnorchel- und Tauchanbieter. Ob in Hurghada, Sharm El-Sheikh, Dahab oder Marsa Alam, überall gibt es zahlreiche Tauchbasen, die Tauchkurse, Tagesausflüge oder Tauchsafaris anbieten. Die neue Vergnügungssteuer könnte negative Auswirkungen auf die Tauchbranche haben. Zum einen könnte sie die Preise für die Tauchgänge erhöhen und somit die Nachfrage der Taucher verringern. Zum anderen könnte sie die Qualität der Tauchdienstleistungen beeinträchtigen, wenn die Tauchanbieter versuchen, Kosten zu sparen oder Steuern zu umgehen. Außerdem könnte sie die Umwelt schädigen, wenn die Tauchanbieter weniger auf den Schutz der Riffe achten oder mehr Gäste pro Boot oder Guide zulassen. Die neue Vergnügungssteuer könnte also nicht nur die Einnahmen der Tauchanbieter reduzieren, sondern auch ihren Ruf und ihre Attraktivität als Tauchdestination gefährden.

Welche Auswirkung auf die Preise kann die Steuer haben?

tauchernet.de hat in einem Kurzbeitrag eine Beispielrechnung aufgemacht. Im Netz und den sozialen Medien finden sich derzeit allerlei Informationen und noch mehr Spekulationen. Und hier ist unsere Spekulation dazu:

Lagona Divers ist seit 1994 in Ägypten aktiv. Wir kennen viel unserer professionell agierenden Kollegen, aber auch die dunkle Seite der Branche. Zwar versucht der Staat derzeit durch strenge Auflagen und Kontrollen die schwarze Schafe auszusortieren. Faktisch trifft es aber meist “unseren Teil” der Branche, nämlich diejenigen, die sich an diese Regelung halten – egal ob wir sie für sinnvoll, hilfreich oder unnötig halten. All diese Kontrollen kosten jetzt schon jede Menge mehr Geld, als wir früher aufbringen mussten.

Dabei haben sich die Tauchpreise längst nicht so entwickelt, wie die Kosten. Ein Beispiel: Im Jahr 2002, bei der Einführung des Euro, kosteten bei uns 10 Tauchgänge inklusive Ausfahrten 189 Euro (inkl. 5% Verkaufssteuer). Heute liegen wir bei roundabout 345 Euro (inkl. 14% Mehrwertsteuer). Zugegeben, eine Steigerung von 80% in 21 Jahren – anders gerechnet aber gerade mal eine Zunahme um ca. 2,9% pro Jahr. Die aktuelle Inflation für das Jahr 2022 wird für Ägypten mit 13,9% angegeben. Wohlgemerkt, in einem Jahr.

Auf der Seite www.laenderdaten.info findet sich ein Inflationsrechner auf Basis der historischen Inflationsraten, der besagt, dass die Preissteigerung in Ägypten seit 2002 687.89% beträgt. Ach, nur so am Rande erwähnt: Für meine Lieblingspizza bei meinem Italiener um die Ecke zahlte ich noch Ende 2001 lediglich 8,50 DM (4,34 Euro). Heute bekomme ich die gleiche Pizza im “preisgünstigen” to go Angebot für 13,50 Euro. Scheinbar ist Käse und Schinken in Deutschland seitdem um 300% teurer geworden?

Diese Rechnung zeigt vielleicht, dass die Tauchbranche, aber nicht nur diese, auf der einen Seite seit Jahren mit exorbitant steigenden Kosten konfrontiert ist. Auf er anderen Seite diese Kosten nicht mal zu einem geringen Prozentsatz auf die eigenen Preise aufschlagen konnte.

Was ändert sich für mich als Urlaubstaucher durch diese Steuer?

Die tatsächlichen Auswirkungen dieser 10% Zusatzabgabe können wir derzeit noch nicht absehen. Vernünftig arbeitenden Tauchbasen wird nichts anderes übrig bleiben, als diese 10% den bestehenden Preisen aufzuschlagen. Dies wird auch bei Lagona Divers der Fall sein müssen.

Womit wir wieder bei den schwarzen Schafen sind. Diejenigen Anbieter, die schon heute, sagen wir, “alle Optimierungsmethoden einsetzen”, also zum Beispiel die Steuern, Abgaben und vielfältigen Vorschriften zumindest teilweise umgehen, finden sicher einen Weg, auch diese 10% einzusparen. Klar, den freundlichen, aber aktuell nicht zugelassenen Nachbarn vom Nachbarn als Guide einzusetzen ist sicher günstiger als den zertifizierten und versicherten Tauchlehrer. Auch die regelmäßige Wartung des Equipments wird häufig völlig überzogen. Und beim Kompressor sieht man es nicht einmal, wenn die letzten Jahre nicht einmal Hand angelegt wurde.

Sarkasmus zur Seite: Schau noch besser hin, wem du im Zweifel dein Leben oder das deines Buddies oder gar deiner Familie anvertraust. Ein ordentlicher, legaler Tauchgang ist niemals zum Preis einer Pizza Margarita zu bekommen. Denk daran, wenn du nächstes Mal deinen Tauchurlaub planst.

Was halten wir von dieser Steuer?

Grundsätzlich freuen wir uns über keine Steuer – und schon gar nicht über eine zusätzliche. Aber: Ägypten ist immer noch ein armes Land mit suboptimalen Lebensbedingungen für eine Großzahl der Bewohner. Vielleicht hilft es ja ein wenig, wenn wir 10% mehr für unser Vergnügen bezahlen müssen. Kommt die Steuer dort an, wofür sie geplant ist, dann ist das vielleicht nicht nur eine schlechte Sache.

Wir werden das jedenfalls – so gut es uns möglich ist – in den kommenden Jahren beobachten.